Raus aus der Angst – Über Sinn, Zweck und Transformation eines ungeliebten Gefühls

In Zeiten von Corona begegnet man überall Angst und daraus Unsicherheit. Kaum einer ist nicht davon betroffen und wer möchte sie nicht gerne loshaben? Doch warum ist das so, was ist ihre Aufgabe und wie verwandelt sie sich? Diesen Fragen widme ich diesen Blogartikel. Ich teile meine Sicht- und Umgangsweise zu diesem unbeliebten Gefühl. Sie entspricht meiner jetzigen Kenntnis und persönlichen Erfahrung ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Alles hat einen Sinn

Angst hat die wichtige Aufgabe unser Überleben als Mensch und Spezies zu sichern. Sie setzt uns in Alarmbereitschaft: Achtung Gefahr droht! Auf der körperlichen Ebene steigt durch Ausschüttung von Hormonen wie Adrenalin unsere Aufmerksamkeit und Konzentration.  Der Körper wird in Spannung versetzt. Die Stressreaktionen im Körper und Nervensystem mobilisieren alle Kräfte in uns, um fliehen oder kämpfen zu können. Diese Angst ist nicht für Dauer gedacht, sondern für den Moment, um fähig zu sein, angemessen zu reagieren.

Wenn der Gegner nicht greifbar ist

Stellen wir uns vor, ein Löwe steht vor uns. Wir überlegen nicht lange, sondern wissen instinktiv, was tun und handeln sehr schnell. Doch ein Virus ist nicht greifbar. Das Risiko und die Konsequenzen sind schlecht einschätzbar und die Angst ist somit abstrakt für uns. Wir können auf den ersten Blick nicht kämpfen oder fliehen. Manche Menschen entwickeln deshalb spezielle Reaktionen darauf, sogenannte Übersprungshandlungen, wie z.B. Hamsterkäufe von Klopapier. Sie haben die Vorstellung, dadurch etwas Nützliches zu tun. Durch Vorsorgen oder Abwehren versuchen wir wieder ein Gefühl von Sicherheit zu bekommen.

Kampf – Flucht – Erstarrung: Jeder reagiert anders

Bei Stress reagieren wir mit Kampf, Flucht oder Erstarrung. Kampf zeichnet sich durch schnelle Reaktionen aus. Wir handeln, tun, machen, folgen Anweisungen und achten auf deren Einhaltung. Flucht bedeutet weglaufen. Dazu gehört auch sich zurückziehen, bagatellisieren, beschönigen, in Fantasien gehen oder die Gefahr leugnen und nur die guten Seiten an der Situation betrachten. So versuchen wir uns wieder Sicherheit zu verschaffen. Durch Schock geraten wir in Erstarrung. Nichts fühlen, nichts sehen, nichts hören, nicht anwesend sein. In der Psychologie nennt man das: Abspaltung oder Dissoziation. Woran merkt man das? Die Kraft schwindet, es fühlt sich wie in Watte gepackt an oder körperlich taub. Mancher nimmt sich ganz raus, so als ob nichts wäre.

Wenn die Angst lange andauert

Ist die Gefahr vorbei im Tierreich, steht das sich Tod stellende Tier auf, schüttelt sich kräftig und rennt davon. Durch Bewegung entledigt es sich seiner Stresshormone und schliesst sich wieder dem Schutz seiner Herde an. Das funktioniert auch bei uns Menschen. Doch dauert der Stresszustand über einen zu langen Zeitraum, kann er unser Immunsystem schwächen, uns krank machen und sogar zu einem Trauma führen. Daher ist ein guter Umgang mit Angst sehr wichtig.

Angst ist Energie

Wie alles im Leben sind auch alle Gefühle und Emotionen reine Energie. Wer gut verbunden ist mit seinem Körper, nimmt wahr wie Puls, Herzschlag, Atem und Spannung sich im Körper verändern. Wer nicht in den Gedanken hängen bleibt, sondern auch seinen Körper spürt, kann ein Strömen, Druck, Zittern, Kribbeln, Schweiss oder vieles anderes mehr entdecken. Hier ist jeder Mensch einzigartig in seinem Empfinden und Energieausdruck. Akzeptieren und beobachten wir, was wir erkennen, ohne in den Widerstand zu gehen, kann sie sich durch unseren Körper bahnen und uns diese Energie als Kraft zur Verfügung stellen. Aus meiner Erfahrung wird uns immer so viel Energie zur Verfügung gestellt, wie wir zum Meistern dieser Situation brauchen. Unterdrücken wir diesen Fluss, verwandelt sich das nicht gefühlte Gefühl zu einer Emotion. Abgespeichert im Körper wird es in unser Unterbewusstsein verdrängt. Dort beherrscht es uns.

Energie will fliessen und sich ausdehnen

Die Energie unserer Gefühle und Emotionen sitzen nicht nur in uns, in unseren Gedanken, in unserem Körper und Nervensystem, sie verbreitet sich über uns hinaus aus als Schwingung in unserem Energiefeld. Angst hat eine niedrige Schwingung, Liebe dagegen eine hohe. Intensiv wird es, wenn viele Menschen aufeinandertreffen. Wir gehen in Resonanz. Das spürt man gerade jetzt, wo die ganze Welt vom Corona-Virus betroffen ist. Dicht und diffus hängt die Angst zuweilen wie eine Dunstglocke in der Luft. Diese grosse Menge an Energie wartet darauf sich verändern zu können, denn alles im Leben ist Wandel. In unserer dualen Welt hat auch die Angst eine Licht- und eine Schattenseite. Es liegt nun an uns, für welche wir uns entscheiden. Hier liegen unsere eigene Verantwortung und Chance für die persönliche wie gesellschaftliche Entwicklung.

Angst ist auch eine Kraft

Gelingt es uns im Beobachter zu sein, können wir neutral wahrnehmen, wie diese Energie auf uns wirkt. So haben wir die Wahl, ob wir die Kraft dahinter nutzen wollen oder der Schattenseite den Vorrang geben. Auf der einen Seite bedeutet Angst: Grenze, Einschränkung, nicht weiterwissen, Lähmung. Wir sagen uns, wie schrecklich das ist. Gesellschaftlich versuchen wir zunehmend die Angst zu meiden, indem wir Sicherheit im aussen aufbauen. So entstehen viele Rechtsverordnungen und Versicherungen. Von der Kraftseite betrachtet, deutet Angst nur auf etwas uns Fremdes hin. Hier liegt die Einladung, sich dem Abenteuer zu stellen, dem Neuen zu öffnen, Begrenzungen zu überwinden und kreativ zu sein. Aus dieser Kraft entspringt die Kreativität für bisher unbekannte Möglichkeiten und die Fähigkeit, bedingungslos das Leben anzunehmen und lieben zu lernen. Mit dieser Kraft sind wir bereit uns auf das Ungewisse einzulassen und uns weiterzuentwickeln. Ohne Angst würde uns das Mass für unsere eigenen Grenzen fehlen. Wir hielten uns für allmächtig.

Wie du auf eine gute Art mit Angst umgehen kannst

  • Anerkenne als erstes, dass das Gefühl, in welcher Form auch immer, da ist und ok ist.
  • Sei im Augenblick, ohne Kampf und Flucht. Sicherheit gibt es nur hier und jetzt!
  • Spüre, wie du da bist und nicht, wie du da sein möchtest. Spürst du Aufruhr in dir oder eine Ebene der Sicherheit und inneren Ruhe?
  • Frage dich, «was ist für mich gerade hilfreich in der Situation» und nehme Unterstützung an.
  • Nimm Verbindung zu dir selbst auf wie auch zu anderen. Skype, telefoniere, spreche mit Leuten, die dir guttun. So kann man sich gegenseitig unterstützen und dabei Gutes tun.
  • Tue, was dir Freude bereitet: malen, tanzen, singen, ein Spaziergang in der Natur.
  • Schüttle dich frei. Schütteln hilft, die Energie in uns wieder in Bewegung zu bringen.
  • Trinke viel Wasser, so dass es in dir fliessen kann und Schlacken ausgeschwemmt werden.

Die Reaktionen auf Angst sind schnell und da braucht es Einsicht, Ratio und Selbstreflexion, um sich selbst die Erlaubnis zu geben, sich jetzt gut fühlen zu dürfen. Das ist die Grundlage, mit der wir unsere Zukunft positiv gestalten können. Hier liegt unsere Verantwortung für uns selbst und für andere. Gerade diese Zeit bietet uns die Chance, viel über uns selbst zu lernen wie über das Kollektiv. Wir können uns unserer Angst stellen und sie transformieren und so zu einer guten Entwicklung beitragen.

Schreibe einen Kommentar